Gib dir die Erlaubnis zu leben

 

Ich habe Khaama Kethna auf workaway.info gefunden. Workaway ist eine Platform im Internet, die weltweit Arbeitsplätze und Freiwillige Arbeiter zusammenbringt. Die Richtlinien für Freiwilligenarbeit auf workaway ist 5 Stunden am Tag, 5 Tage die Woche, gegen 7 Tage Kost und Logis.

 

Aber die Indischen Hosts bieten meist entweder nur Unterkunft oder nur Essen an. Es gibt sogar Hosts, die Geld dafür wollen, dass du da sein darfst um sie zu unterstützen.

 

Khaama Kethna ist einer der wenigen Hosts, die 3 Mahlzeiten am Tag und Unterkunft für Freiwilligenarbeiter anbieten.

 

Ich wohne hier mit den anderen Freiwilligen in einem 5 Zimmer Baumhaus mit einem Unter-Freiem-Himmel Badezimmer, das wir uns teilen.

 

Obwohl Panta, der Besitzer von Khaama Kethna, ziemlich strikte Ansichten hat, wie Dinge sein sollen, überlässt er die Arbeitseinteilung uns selbst.

 

Das ist theoretisch gut, aber es ist bedeutet auch, dass ich nun meine eigenen Grenzen setzen muss und das ist leichter gesagt als getan. Als Deutsche bin ich grundsätzlich effektiv und ich will meine Stunden so legen, dass es für Panta am nützlichsten ist. Aber was ist nützlich? Mit der indischen Rezeptionsangestellten zusammen den Morgen zu verbringen und ihr zu helfen, emails in einem fließenden Englisch zu beantworten oder meine Stunden nach ihrer Schicht zu mache, damit nicht 2 Leute denselben Job machen. Denn wenn sie weg ist, und Gäste haben Anliegen, ist irgendwie keiner mehr zuständig. Es fällt mir total schwer, abends wenn die Gäste was wollen zu sagen: äh, keiner Arbeitet mehr, weil hier keine Schichten eingeteilt sind.

 

Meine 2 Tage die Woche frei zu nehmen ist sogar noch schwerer für mich, da ich irgendwie auf eine Erlaubnis warte, mir den Tag frei zu nehmen. Und offensichtlich bin ich es nicht gewohnt, diese Macht der Entscheidung zu haben. Die ersten 3 Wochen hier habe ich keine n einzigen Tag freigemacht, weil ich mich einfach nicht entscheiden konnte, wann es ein guter Zeitpunkt ist, weil ich es nicht gewohnt bin, das einfach zu entscheiden und weil die Indischen Arbeiter auch 7 Tage die Woche kommen. Aber so langsam fange ich an, Tage frei zu machen und lache schon selber über mich, warum ich das nicht schon früher gemacht habe.

 

Und ich realisiere mal wieder, dass wir sooo viel Entscheidungsfreiheit in unserem Leben haben und diese so gut wie nie nutzen! Weil eine Grund-Unsicherheit in mir ist “ist es ok für die anderen?” “kann ich das machen?” “wie kann ichs kommunizieren, ohne dass ich blöd dastehe?”

 

Die Qualität unseres Lebens ist die Summe von all den Entscheidungen die wir treffen oder eben nicht treffen, die Handlungen die wir tun und die wir unterlassen zu tun.

 

Ich gebe mir nun selbst die Erlaubnis mein Leben so einzurichten, wie es mir passt, ich gebe mir selbst die Erlaubnis zu nehmen, was mir angeboten wird, ich gebe mir selbst die Erlaubnis, die Macht, die ich habe zu nutzen, denn wenn es nicht ok sein sollte, werden mir die Leute das schon mitteilen und dann kann ich mich immer noch anpassen, oder nicht?

Ich schätze mal ich darf mein Leben leben, bis es sich mit den Grenzen anderer überschneidet, damit ich sehe, was alles möglich ist. Denn wenn ich mich immer zurücknehme und zurückhalte, um ja nicht die vermeintlichen Grenzen anderer zu überschreiten, dann schränke ich mich mehr ein, damit der andere mehr Freiheit hat. Allerdings bin ich mit meinen Bedürfnissen und meiner Daseinsberechtigung auf Augenhöhe mit den anderen. Die, die das erkennen, leben das volle Potential ihres Lebens, während andere sich freiwillig einschränken, damit der Rest der Bevölkerung mehr vom Leben hat. Wie ich mein Leben lebe, ist meine Entscheidung, denn ich bin die einzige Person, die mein Leben leben muss.